Screenshot (c) Weser Kurier
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Ergänzend zu den Presseberichten hier das Transkript der gehaltenen Rede vom 23. Februar 2023, 20:06 Uhr

Wiedergabe und Download der Audio-Datei (mp3) der Rede:

Werte Damen und Herren Ratsmitglieder, liebe Verwaltung, geschätzte Presse natürlich, geehrte Bürgerinnen und Bürger und natürlich die Feuerwehren und alle anderen, die hier heute versammelt sein sollten.

Wir haben oft genug gehört, daß der Haushalt gerade noch akzeptabel ist, und auch ich bin natürlich all den Verantwortlichen hier sehr dankbar und finde das auch gut. Und auch ich weiß, wir haben nicht das Geld auf der hohen Kante und werden es wahrscheinlich auch nicht kriegen. Und es stellt sich natürlich auch die Frage, ob wir überhaupt jemals wieder einen positiven Haushalt hier hinbekommen werden.

Ich werde das nicht alles wiederholen; ich werde jetzt auch nicht wieder mit den Muß-Leistungen und den freiwilligen Leistungen groß schwadronieren. Wir wollen eine familienfreundliche Gemeinde haben, wie wir eben gehört haben, wir wollen Bäder, und wir müssen irgendwann auch Bäder sanieren. Das ist uns allen klar.

Und selbstverständlich wollen wir auch eine einsatzbereite Feuerwehr haben und vieles, vieles weitere.

Niemand hat jedoch das Geld, und durch diese Einsparungen oder eine Einheitsgemeinde oder irgendwas werden wir das Geld auch nicht bekommen können.
Wir können zwar 1,5 Mio sparen durch den Verzicht auf freiwillige Leistungen, wir werden vielleicht auch was durch den Verzicht auf die Schulen sparen können, aber das ist ja auch nicht die Lösung. Das bringt nicht das Einnahmeproblem, was wir eben gehört haben, auf die Kette.

Was also tun?
Politik ist sehr gerne mit Bla-bla beschäftigt und vertagt Dinge auch gerne mal auf morgen. "Das wird sich schon lösen, das machen dann andere, das können die Nächsten dann mal annehmen."

Das sehen wir beim Klimaschutz, das sehen wir bei der Größe des Bundestages und wir sehen das bei der ausufernden Bürokratie in allen Lebenslagen, daß uns das eben um die Ohren fliegt mit diesem Vertagen - und das Geld muß halt irgendwo her.

Und auch wir haben zwar schöne Ideen hier gehört, aber noch nicht den großen Wurf, wo das Geld herkommen soll.

Vorweg: leider habe ich da auch keine Lösung, soviel kann ich schon mal sagen. [spöttisches Gelächter]
Klingt komisch, ist aber so.
Aber ich habe mal darüber nachgedacht und jeder ernste, normale klardenkende Mensch sagt natürlich: "Hey, wir legalisieren Glückspiel und Drogen und dann haben wir ein neues Amsterdam oder ein neues Las Vegas."
Das machen wir nicht. Wir würden erstmal Probleme mit EU-Recht und mit Bundesrecht kriegen und wir hätten 30 Mio Touristen, die unsere Heimatgemeinde hier belatschen jedes Jahr – das wollen wir nicht, das mindert die Lebensqualität.
Also nein, das geht - die nächste Zeit - noch nicht.

Es gibt aber ja noch etwas anderes, und das steht im Grundgesetz:
Da steht im Paragraph 14* Satz 2 der schöne Satz:
"Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."

Gut, oft, oder gar täglich wird das in der BRD genutzt, um z. B. zu rechtfertigen, daß die Menschen, deren Häuser durch die Hypotheken belastet sind, irgendwie dazu gebracht werden, die Hälfte der Straße zu bezahlen, die vor ihrem Haus neu gemacht wird, oder den Radweg, der auf dem von ihrem Grundstück enteigneten Vorgarten neu verlegt werden soll.
Dann heißt es "Eigentum verpflichtet", sind sie halt selber Schuld, sie müssen da ja nicht wohnen, und wenn sie es nicht zahlen können und keinen Kredit kriegen, gehen sie halt Kopheister.

Auch bei der aktuellen Grundsteuerreform könnten am Ende mal wieder diese Menschen diejenigen sein, die das Geld in die kommunalen Kassen spülen, denn die ersten Grundsteuerbescheide** .. – ich weiß nicht, wer schon welche gekriegt hat, aber man sieht da, es gibt teilweise in die Verdoppelung. 60, 70, 80 Prozent mehr als vorher bei der Grundsteuermeßzahl kommt da vor.

Wir alle kämpfen mit diesen Energiekosten, haben wir auch schon was von gehört. Wir wissen auch warum. Die haben sich verdoppelt, die haben sich verdreifacht. In der Folge ist alles andere teurer geworden, insbesondere Lebensmittelpreise gehen durch die Decke.

Und das heißt, wir können die Menschn, die hier leben, jetzt nicht auch noch mit einer Grundsteuer B irgendwie sonstwohin katapultieren, weil: wenn die Leute gar kein Haus mehr haben und insolvent sind, dann zahlen sie überhaupt keine Steuern. Dann haben die auch nichts, womit das Geld dann in unsere Gemeindekassen kommt.

Sprich: wir können da einfach nicht mehr viele Stellschrauben drehen.
Aaaaaber:
Es git eine Sache, die bisher noch keiner angefaßt hat, und das sind die, denen es eigentlich sehr gut geht.

Natürlich können wir als Samtgemeinde keine eigenen Steuern erheben, das ist völlig klar.
Wir können aber vielleicht eine kommunale Abgabe oder eine Verordnung oder irgendwas aus dem Hut zaubern – da bin ich kein Fachmann, das müßte die Verwaltung dann prüfen -, wie wir ein ExistenzMAXIMUM in unserer schönen Samtgemeinde irgendwie erwirken können.

Sprich: wir nehmen ein Privatvermögen von sagen wir 10 Mio Euro. Das sei ein Existenzmaximum.
Alles, was über 10 Mio hinausgeht, wird eben gemäß Paragraph 14 äh Artikel 14 Satz 2 des Grundgesetzes abgeschöpft und der Gemeinde zugeführt, [Raunen, Rascheln, Unruhe] die das ja wiederum zu 2/3 über die Samtgemeindeumlage nach Bruchhausen-Vilsen in die Samtgemeinde bringt, und ein Teil geht ja auch an den Kreis. Dann hätten alle was davon.

Ich weiß jetzt natürlich nicht, wie viele Superreiche wir hier haben. Und natürlich werden jetzt einige hier sagen: "Oh Gott, oh Gott, oh Gott, die armen Millionäre verarmen uns noch eines Tages."

Nein, die armen Schlucker, die nur 2-3 Millionen haben, die wollen wir ja gar nicht belangen, die sollen ja nicht in die Armut fallen oder sowas. Wir sagen 10 Mio. Wer jetzt mit 9,99 Mio Euro Privatvermögen nicht hinkommt, .. ja gut, der hat es auch nicht verdient, ehrlich gesagt, da habe ich nicht sooo viele Tränen.

Und wir alle wissen ja auch: das Sammeln von Geld ist das Schlimmste, was einem passieren kann, es macht die Wirtschaft kaputt, es entzieht dem Kreislauf das Geld, und es macht auch süchtig irgendwo.

Sorgen wir also dafür, daß wir diesen Menschen helfen und eine Verordnung auf den Weg bringen, um das alles eben etwas zu optimieren und per Abgabe - oder wie auch immer umgesetzt - Geld in die Kassen zu bekommen, damit wir weiterhin Kindergärten, Schulen, Bäder, Feuerwehren und den ganzen anderen Bums anbieten können.

Also ich wüßte nicht, wie wir sonst das Geld kriegen sollen, echt nicht.

Und jetzt mal ganz ehrlich, die SOZIALdemokraten werden doch eh dafür sein, auch wenn sie auf Bundesebene das irgendwie nicht machen.
Die sozialliberalen Grünen hier im Raum werden sich auch über Gelder freuen, wenn man sozial und für den Klimaschutz und z. B. energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden mal in Angriff nehmen könnte. [Fröhliches Getuschel]

Aber auch die eher Konservativen von der CDU dürften dafür sein [störende Gespräche aus der Unionsecke], da sie ja gerne solide Finanzen und eine gute Aufstellung der Verwaltung haben (wollen).
Nicht zuletzt die Unabhängigen, die ja immer das Beste von der*** Samtgemeinde wollen und an kein bundesweites Parteibuch gebunden sind.

Lediglich die Vertreter der Lindnerschen Porsche-Partei könnten natürlich Einwände haben, da das ja in der Regel marktradikale Neoliberalisten sind, die immer von Freiheiten reden [Gelächter, zustimmendes Klopfen] und sich gegen Steuern aussprechen, aber mit Glück sind die hier anwesenden Parteimitglieder ja eher einem Gerhard Baum als einen Wolfgang Kotzbrocki zugeneigt und würden vielleicht dieser Idee auch ein Stück weit aufgeschlossen sein.

Kurzum: eigentlich können wir (das) doch direkt hier und heute sofort beschließen, damit die Verwaltung das zügig auf die Wege bringt, und zum nächsten Ersten könnte das Geld schon fließen. Und die Einnahmen wären dann da.

Und wenn dann – damit bin ich auch schon fast beim Ende - noch etwas Geld übrig ist, dann könnten wir eventuell auch eine Bierpreisbremse für den Brokser Markt querfinanzieren und damit der einheimischen und der angereisten Bevölkerung ein bezahlbares Feiern anbieten. Da freut sich dann auch der Marktmeister. [Gelächter]

Sollte sich nun – und damit komme ich wirklich zum Schluß - auf kommunaler Ebene nichts machen lassen, sind die Damen und Herren der etablierten Parteien gefordert, parteiintern mal ihren Kameraden und Genossen endlich auf Bundes- und Landes-Ebene den Auftrag zu geben, hier etwas zu tun, damit das Geld dann eben über Bund und Länder abgeschöpft und den Kommunen zugeführt werden kann, denn anders wird es nicht funktionieren.

Vielen Dank und damit zurück ins Funkhaus. [Applaus, Klopfen]

* ja, ich weiß, es muß "Artikel 14", nicht "Paragraph 14" heißen
** ja, ich weiß, es hat noch niemand einen neuen Grundsteuerbescheid, es sind nur Bescheide über die Grundsteuermeßzahl
*** es hätte natürlich "für die" heißen müssen

Download Haushaltsrede als mp3: Download Haushaltsrede

Presseartikel zur Ratssitzung im Weser-Kurier:
( externer Link) Weser Kurier 24.02.2023